Was ist der Unterschied zwischen einer Implizite und einer Explizite Lösung.

In SOLIDWORKS Simulation Desktop kennen wir "nur" die Implizite Lösungsmethode (ausser die Fallstudie).

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2021-12-27 15:16

Die Lösung einer Simulation mit Nichtlinearitäten kann mit einer expliziten oder einer impliziten Lösung erreicht werden.

Hier wird eine anschauliche Gegenüberstellung dieser beiden Vorgehensweisen gezeigt. Die Aufgabe ist hier in diesem Beispiel durch eine Funktion gegeben, die etwa die Form einer Sinus-Halbwelle hat. In der Praxis der Simulation kann dies zum Beispiel

  • die Verschiebung eines Bauteils unter einer zeitlich veränderlichen Last oder
  • die Temperatur an einer Position in einem Bauteil bei einem bestimmten Zeitverlauf der Erwärmung sein.

Stellen wir uns vor, das Bauteil mit diesem Verhalten wird mit einer FEM-Berechnung simuliert. Was sind die Eingangsdaten der Simulation? Das Modell ist durch seine Geometrie und die Materialeigenschaften vorgegeben. Die Last als Funktion der Zeit ist bekannt.

Das zeitliche Geschehen wird nun schrittweise nachverfolgt und jeweils für einen Zeitschritt das Verhalten des Bauteils berechnet. In den rechts gezeigten Abbildungen ist die Zeit nach rechts aufgetragen. Theoretisch ergibt das Verhalten des Bauteils den grün gezeichneten Funktionswert. Nur: diesen Verlauf kennt das FEM-Programm nicht. Daher wird wie folgt verfahren.

Die Aufgabe, diese Lösung möglichst schnell (also mit möglichst geringem Rechenaufwand) und möglichst genau (also nahe an der grünen Kurve des Funktionswertes) zu erzielen, kann explizit oder implizit erledigt werden.

Erinnern Sie sich: ein einzelner Lösungsschritt (Lösung des Gesamtgleichungssystems für das Bauteil) führt immer linear zum nächsten Punkt. Wir müssen also den Verlauf der grünen Kurve mit einer geschickten Anordnung von linearen Abschnitten treffen.

Explizite Lösung

Bei der expliziten Lösung werden bei Beginn des Zeitverlaufes die Anfangs-Eigenschaften des Bauteils zur Aufstellung der Matrizen des Gleichungssystems verwendet. Diese Eigenschaften repräsentieren eine Tangente im Startpunkt des Verlaufes (dünnen scharze Linie). Unter der am Anfang vorliegenden Last wird eine Lösung berechnet. Dies führt uns zum Punkt A im Diagramm. Hier wird die neue Last verwendet und der nächste Lösungsschritt ausgeführt, der uns zum Punkt B führt. Die nächsten Schritte führen zu C und D.

Man erkennt, dass sich eine Abweichung einstellt, die

  • von der Charakteristik der Funktion und
  • von der Zeitschrittweite abhängt.

Mehr Genauigkeit kann durch mehr, kleinere Zeitschritte erreicht werden (das ist im rechten der beiden Teilbilder gezeigt). Dort ist eine sehr viel feinere Unterteilung der Zeit - also sehr viel mehr Zeitschritte - gezeigt. Die grüne Kurve ist das "richtige" Ergebnis, also das was sich theoretisch ergeben müsste. Die rote Kurve ergibt sich durch eine Folge von Zeitschritten, bei denen jeder Schritt am Ende des vorherigen Schrittes beginnt, die Steigung der grünen Kurve verwendet (denn die aktuellen Eigenschaften des Modells sind bekannt) und mit einem linearen Verlauf den Zeitschritt absolviert. Die feinere Unterteilung der Zeit ergibt mehr Rechenaufwand, aber jeder Schritt für sich ist relativ schnell gelöst.

Bei diesem Funktionsverlauf sieht man eine zunehmende Abweichung des roten Simulations-Ergebnisses vom theoretischen Ergebnis. Im technischen Alltag kann eine solche Abweichung zum Beispiel durch eine Kontrolle der Energie-Summen des Modells korrigiert und verringert werden.

Merke: explizite Lösung: sehr viele kleine Schritte, wenig Rechenaufwand je Schritt, zwischendurch keine Konvergenzkontrolle.

Implizite Lösung

Bei der impliziten Lösung werden bei Beginn des Zeitverlaufes die Anfangs-Eigenschaften des Bauteils zur Aufstellung der Matrizen des Gleichungssystems verwendet. Diese Eigenschaften repräsentieren eine Tangente im Startpunkt des Verlaufes (dünnen scharze Linie). Unter der am Anfang vorliegenden Last wird eine Lösung (eine Iteration) berechnet. Dies führt uns zum Punkt A im Diagramm. Hier wird eine Rückrechnung durchgeführt und zum Beispiel durch eine Kontrolle des Gleichgewichtes untersucht, wie groß die Abweichung (Residuum) des aktuellen Funktionswertes (ergibt sich dadurch, dass die gerade berechneten Freiheitsgradwerte bei den nichtlinearen Effekten eingesetzt und eine Summe gebildet wird) vom angenommenen Funktionswert (der sich mit den anfangs angenommenen Freiheitsgradwerten ergibt) ist. Daraus werden geänderte Annahmen für die Matrizen verwendet und eine neue Lösung (Iteration) durchgeführt. In der Abbildung rechts entspricht dies einem Verlauf (dünne rote Linie), der dichter an dem theoretischen Zielpunkt Ak liegt als das erste Ergebnis A.

Diese Kontrolle und Änderung wird nochmal durchgeführt und liefert dann ein Ergebnis dicht am Zielpunkt Ak. Wenn die Abweichung bei der Kontrolle geringer als ein Grenzwert (Konvergenzkriterium) ist, dann ist Konvergenz erreicht.

Nun wird der nächste Lösungsschritt mit der neuen Last ausgeführt, der uns zum Punkt B führt (1. Iteration). Wieder werden Kontrollen und weitere Iterationen durchgeführt, bis dicht an Bk Konvergenz erreicht ist.

Die nächsten Schritte führen zu Ck und Dk.

Man erkennt, dass sich eine Abweichung einstellt, die

  • von dem Konvergenzkriterium abhängt.

Dadurch dass jeder folgende Schritt nur auf ein konvergiertes Zwischenergebnis aufbaut, ergibt sich manchmal ein Problem: wenn durch irgendwelche Eigenschaften keine Konvergenz eines Zwischenschrittes erzielt werden kann, kann der Zeitverlauf nicht fortgesetzt werden. Also: Konvergenz muss erreicht werden, um fertig zu werden.

Im rechten der beiden Teilbilder wird der Vergleich zur expliziten Lösung gezeigt. Die zeitliche Diskretisierung ist sehr viel gröber, die Zeitschritte ist sehr viel größer. Der rote Ergebnisverlauf ergibt sich durch eine Folge von Zeitschritten, bei denen jeder Schritt am Ende des vorherigen Schrittes beginnt, die Steigung der grünen Kurve verwendet (denn die aktuellen Eigenschaften des Modells sind bekannt), mit einem linearen Abschnitt mit der Zeitschrittweite einen erste Lösung durchführt (das ist eine Gleichgewichtsiteration) und dann mit einer Konvergenzkontrolle prüft, ob alle Bedingungen eingehalten sind. Wenn dies nicht der Fall ist, wird eine neue Lösung dieses Zeitschrittes mit geänderten (verbesserten) Annahmen durchgeführt. Diese Wiederholung wird so lange durchgeführt, bis Konvergenz erreicht ist. Das ist dann ein Ergebnis, das dicht an der grünen theoretischen Lösung liegt. Im Vergleich zur expliziten Lösung (die Diagramme darüber) wird eine große Zeitschrittweite verwendet, aber jeder Schritt für sich ist relativ aufwändig. Mehr Genauigkeit kann sowohl durch eine kleinere Zeitschrittweite als auch durch ein reduziertes, kleineres Konvergenzkriterium erreicht werden. Dies ergibt mehr Iterationen und damit mehr Rechenaufwand.

Merke: implizite Lösung: wenige Schritte, hoher Rechenaufwand je Schritt, zwischendurch Konvergenzkontrolle.

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